Im vietnamesischen „Gleichschritt“

Beschriebener Streckenabschnitt: Ho Chi Minh City (Vietnam 🇻🇳) – Can Tho (Vietnam 🇻🇳); 209 km; 3 Tage (06.03.2017 – 08.03.2017)

Am Morgen wollten wir eigentlich früh aus der Stadt fahren, doch aus früh wurde wie so oft nichts und als wir dann noch einen sehr komischen violetten Flecken auf Johannes seinem Oberarm entdeckten, war’s dahin. Da wir ja gelernt hatten, dass mit der Gesundheit nicht zu spassen ist, entschieden wir uns einen Arzt aufzusuchen, denn so einfach wie in dieser Grossstadt werden wir’s nicht mehr so schnell haben. Ein Hautarzt war tatsächlich auch schnell aufgetrieben und so ging’s unserer Gesundheit zu Liebe mit dem Taxi (ja, ihr hört richtig!) ins Stadtzentrum. In der Medical Family Practice ging’s schnell und unkompliziert und man beruhigte uns, dass der Fleck auf Johannes‘ Oberarm erstmals nicht besorgniserregend ausschaut.

Dreiundsechzig Dollar ärmer, doch beruhigt, schlenderten wir durch’s Stadtzentrum, denn ein freier Nachmittag stand vor uns.

Wir staunten über den französischen Einfluss…

…und über den Stellenwert von diszipliniertem Verhalten.

Wir realisierten, dass Ho Chi Minh ein wichtiger Mann in der Geschichte Vietnams war.

Wir befassten uns mit dem Vietnamkrieg im Kriegsopfermuseum.

Wir sahen die traditionelle Kopfbedeckungen der vietnamesischen Frauen.

…und neue Zubereitungsarten.

Aber entdeckten auch Bekanntes!

Doch am meisten zum Staunen brachte uns der Verkehr in Ho Chi Minh City – einer Stadt mit 8,5 Millionen Einwohner, mit nahezu keinem öffentlichen Verkehr und daher vermutlich etwa sovielen Mopeds wie Menschen.

Oh Gott, dachten wir uns, wie sollen wir nur mit unseren Rädern aus dieser Grossstadt gelangen, denn im Verkehr scheint’s nicht mehr wirklich Disziplin zu geben.

Doch umso länger wir den Verkehr beobachteten, desto entschlossener wurden wir. Wenn diese 8.5 Millionen Menschen (bzw. der Grossteil von ihnen) diesen Verkehr täglich überlebt, dann werden wir’s wohl einmal auch schaffen!

Sie überleben den Verkehr nicht nur, sondern es scheint, dass sie ihre Roller richtig lieben.

Auch scheinen sie nicht allzu besorgt, dass ihnen etwas zustoßen könnte, zu sein.

Doch zuerst gönnten wir uns gutes asiatisches Essen im Nha Hang Ngon Restaurant, wo die Leute für einen Tisch nur so anstanden (dieses Restaurant scheint gerade im Trend zu sein…).

Das Sushi war aber auch wirklich gut und eine willkommene Abwechslung….

…Johannes blieb jedoch der Kokosnuss treu.

Am nächsten Morgen dann guten Mutes auf’s Rad (mit früh wurde es schon wieder nichts…).

Siehe da, wenn man selbst Teil des Verkehrs ist, ist’s gar nicht mehr so schlimm. Man muss nur ganz viel Ruhe bewaren und keine unvorhersehbaren Bewegungen machen. Aber ja, die Verkehrsregeln von Isa haben sich bewahrheitet.

Wir staunten und staunten und dachten, dass kann doch gar nicht Realität sein.

Und ja, zum Staunen hatten wir bei dieser Kreuzung lange Zeit, denn nicht’s ging mehr vorwärts. Nur noch etwa 5000 Mopeds (und ein paar eingequetschte Autos) vor uns, obwohl diese Kreuzung eigentlich von zwei Polizisten geregelt wird.

Zum Glück laufen nicht noch die Hühner frei umher, auch wenn einem die Tiere im viel zu engen Käfig leid tun…

Langsam näherten wir uns dem „Epizentrum“, wo die Polizisten nur noch brüllten und ganz freche Mopedfahrer mit Bambusstecken schlugen.

Fast geschafft….

Nach nur 15 Kilometer war das Schlimmste geschafft und die Landschaft lichtete sich.

Wir sahen zum ersten Mal wie die Drachenfrucht angebaut wird, nachdem wir realisierten um was es sich bei diesen komischen Gewächsern handelt.

Aber auch andere neue tropische Früchte tauchten auf (im Vordergrund Litschis, im Hintergrund eine Frucht deren Name uns noch nicht bekannt ist…).

Wir genossen es in Vietnam nach sehr langer Zeit (genauer gesagt seit Hongkong; Malaysia ausgenommen) nicht mehr Analphabeten zu sein. Die Schriftzeichen lesen zu können, macht schon vieles einfacher.

Am Mittag hatten wir auch aus Mangel an Alternativen trotz vieler neuer Sachen, Lust auf unser altbekanntes Müsli.

Am späten Nachmittag entdeckten wir sogar noch einen Tourenradfadfahrer unter all den vielen Menschen. Frederik fuhr mit seinem Kollegen von Sri Lanka über Indien nach Nepal und flog von dort nachBangkok. nach Vietnam soll’s nach China und die Mongolei weitergehen (Blog in Belgisch).
Die Mekong Region südlich von Ho Chi Minh ist unheimlich dicht besiedelt…

…und da wir den ganzen Tag keinen einzig guten und sicheren Zeltplatz sahen, stand das Hotelzimmer am Abend in Ben Tre nicht zu Diskussion.

Wir schliefen wie Götter im Hotel Hung Vuong – es war nicht heiss oder lärmig und es gab keine Mücken oder sonstiges Ungeziefer. Das tat richtig gut nach einem langen Radfahrtag!

Am Morgen dann ein Brötchen beim Bäcker – dank sei den ehemaligen Kolonialherren, den Franzosen!

So waren wir wieder parat für neue Eindrücke, an denen es nicht mangelt…

(für jene, die nicht aus dem Metier kommen: oben handelt es sich um eine Mini Ballenpresse!)

Sehr oft hatten wir die zahlreichen Arme oder Nebenflüsse des Mekongs zu überqueren.

Dafür gab’s Brücken…

…unter denen lustige Dinge untendurch fuhren.

Oder Fähren für Autos und Mopeds…

…an denen Lustiges uns seitlich passierte.

Die Fahrt durch’s Mekong Delta ist bis jetzt eine komplette Reizüberflutung – man sieht so unheimlich viele schöne, verrückte und lustige Sachen! Aus der Masse an Vietnamesen, hört man immer wieder ein lautes „Hello“ bzw. sieht man eine fröhlich winkende Hand oder einen breites Lachen im Gesicht der Leute. Man vergisst dann so einiges – auch das es im Verkehr nicht immer gemütlich zu und her geht.

Wir fahren fast den ganzen Tag auf kleinen Nebenstrassen und sehen oft Kanäle.

Müssen uns aber von Zeit zu Zeit immer wieder ein frisches Glas Zuckerrohrsaft gönnen, da der viele Verkehr und die zahlreichen Eindrücke anstrengend sind.

Wir gönnen uns allerdings nicht wie die meisten Vietnamesen ein Päuschen in der Hängematte, die überall in den Lokalen befestigt sind.

Wir erblickten zum ersten Mal in Südostasien immer wieder mal ganz verstreut grosse Gräber in der Landschaft.

An jeder Straßenecke gab’s auch Särge (natürlich „nicely wrapped“) zum Verkauf angeboten.

Diese lassen einen realisieren, dass sterben hier auch zum Alltag gehört.

Wir müssen zugeben, dass wir den vietnamesischen Fahrstil nicht wie andere Radfahrer unterschiedlich zum chinesischen, thailändischen oder laotischen Fahrsstil beschreiben würden. Im Mekong Delta leben einfach unheimlich viele Menschen und darum ist immer viel los auf der Strasse – doch aufpassen tun, wie auch in den anderen Ländern, die meisten – zumindest sicherlich auf zwei langgewachsene bunte Lockenköpfe auf vollgepackten Rädern!

Aktueller Standort: Can Tho (Vietnam 🇻🇳)

Aktueller Kilometerstand: 11372 Kilometer

Nächstes Ziel: Phnom Penh (Kambodscha 🇰🇭)

Regula

6 Gedanken zu „Im vietnamesischen „Gleichschritt““

    1. Hey Menico,

      Ja, Durian dürfte da wohl stimmen. Da fällt mir ein, dass ich in Ayyuthaya ein Durian-Eis gekauft hatte und die Verkäuferin, nach dem ich daran gerochen und die Nase verzogen hatte, es mir in ein Kokos-Eis ausgetauscht hat. Sie lachte nur und meinte „Falang’s“ (also Ausländer) mögen den Durian Geschmack üblichedweise nicht.

      Schöne Grüße
      Johannes

  1. Hallo Ihr Pedalritter!
    Dieser Blogbeitrag ließ sich 3 Tage nicht öffnen, als wäre er zensuriert, immer hieß es „Sörfer nicht
    gefunden“. Doch irgendwie bin ich heute reingekommen und konnte den Sinn des vietnameschischen
    Gleichschrittes kennen lernen. Wie ruhig habe ich es hier zuhause, war mein erster Gedanke beim
    Anblick dieser Bilder vom Großstadtverkehr.
    Nun wünsche ich Euch eine gute Weiterreise, viel Glück und Gesundheit und ich melde mich bestimmt wieder.
    Lg. Charly!

    1. Hey Charly,

      Du konntest den Beitrag nicht aufrufen, da wir einen Entwurf aus Versehen zu früh veröffentlicht (dadurch hast du die E-Mail Benachrichtigung bekommen) und dann wieder „zurückgezogen“ haben.

      Schöne Grüße
      Johannes

  2. Hey,

    essen bitte viele Litschis für mi mit! Litschis waren in Sri Lanka da Hammer 🙂 han i jo damals ge Österrich mitbrocht 😉

    Tolle Bilder und tolle Erlebnisse!

    Freu mi all uf eure neua Berichte! und net vergessa in 2,5 Mönat mondar mit am Rad in Namibia si 😉
    Gruß
    Lieblingsschwester

    1. Hey Lieblingsschwester (D Auswahl ischt jo net groß )!

      Mir essen do jeden Tag Unmengen an Frücht. Es gibt wohl net an vielna andera Ort uf da Welt so a breite Auswahl an leckera Sacha. Aber muascht denn selbscht amol ge Südostasien ko und dabei net nur Vietnam und Kambodscha bereisen sondern unbedingt o Laos und Thailand. Jedes Land ischt andersch und spannend.

      Namibia ischt a bitzle wit weg vo Kenia, also a treffa in Afrika würd wohl eher nix…

      Lg Johannes

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