Beschriebener Streckenabschnitt: Dali (China 🇨🇳) – Shangri-la (Zhongdian) (China 🇨🇳) über Shaxi und Haba; 496 km; 8 Tage (03.04.2017 – 10.04.2017)
Schweren Herzens entschieden wir uns bereits nach einem Tag in Dali weiterzuziehen, obwohl’s uns in Dali gefallen hat. Doch das 30 Tage Visum tickt wie eine Zeitbombe 😊.
Als Erstes mussten wir unsere Lebensmittelvorräte aufstocken. Kein Problem in Dali/Xiaguan, vorausgesetzt man hat Zeit zum Supermärkte abklappern. Schlussendlich fanden wir alles – sogar frisches Fladenbrot.
So verliessen wir „old“ Dali und fuhren entlang des Sees Erhai nach Xiaguan und wurden nochmals so richtig nass. Doch es sollte laut Wetterbericht das letzte Mal Regen für mehrere Tage sein und es stellte sich heraus, dass auch die Chinesen nicht so schlecht in Wetterprognosen sind.
In Xiaguan fielen wir wieder mal fast vom Hocker, denn es handelt sich um eine hochmoderne Stadt im letzten Ecken von China.
Nach einer Abfahrt über die G320 und S236 ins parallel verlaufende Tal, sah die Welt doch gleich wieder ganz anders aus. Felder, wo das Auge nur hinsieht…
Auch die Menschen sind keine modernen Städtler mehr, sondern einfache Dorfbewohner, denen man die harte Arbeit auf den Feldern ansah.
Am Abend genossen wir die letzte Kokosnussmilch von Thailand, verfeinert mit chinesischen Bananen umd Gemüse.
Am nächsten Tag, übernachtet hatten wir am Fluss kurz nach der Stadt Yangbi (eine richtige Stadt), kreuzten wir wieder viele nette Fussgänger. Wir realisierten wie wenig Fussgänger es in Südostasien gibt, da so ziemlich jeder dort ein Moped, welches auch für ganz kurze Strecken eingesetzt wird, besitzt.
Einige Bäche oder Flüsse hatten die Strasse auf kurzen Abschnitten zerstört und so war wieder mal furten angesagt. Doch leider war das schon wieder verlernt (Island liegt schon weit zurück…) und so bekam ich (Johannes natürlich nicht…) nasse Füße…
Am Abend stellten wir, mangels Alternativen (die Dichte an Beeten und Kornfeldern kann man sich kaum vorstellen…) unser Zelt in einem kleinen Walnussbaumwäldchen direkt neben der Strasse und direkt unter einem Friedhof auf. Die Leute entdeckten uns selbstverständlich, doch die meisten ignorierten uns oder sagten kurz „Nihao“. Als wir bereits im Schlafsack lagen, hörten wir jedoch ein lautes „Hello“ ganz nah am Zelt. Ein bereits leicht angetrunkener Chinese schien seine Schüchternheit verloren zu haben und plapperte ganz munter auf Chinesisch auf uns ein. Auf Grund seiner Handbewegungen und Mimik schlossen wir darauf, dass er uns ein Schlafplätzchen in seinem Haus anbieten wollte. Doch uns brachte man nicht mehr so schnell aus dem warmen Schlafsack heraus.
Am nächsten Morgen folgten wir weiter dem Fluss und ein ständiges Auf und Ab führte uns über die Straße X084 auf die Hochebene von Shaxi. Wir genossen die Landschaft, denn an jeder Ecke blühten Bäume und die Menschen arbeiteten auf den Feldern – man merkte so richtig, dass hier auf einer Höhe von ca. 2000 müM der Frühling Einzug gehalten hat.
Kurz vor Shaxi deckten wir uns mit Eier ein. Da es in dem kleinen Dorf eine ziemliche Besonderheit ist, dass zwei Touristen Eier kaufen, waren gleich mal viele Leute um uns versammelt. Eine Frau freute sich besonders und zeigte uns gleich ihr Haus (inkl. Kuh) und Bilder ihrer Familie. Grosse Augen machte sie als wir ihr die Dankeskarte unserer Hochzeit zeigten (diese Photos haben wir in unserer Lenkertasche)…
In Shaxi, ein Dorf mit wenigen Touristen, aßen wir zu Mittag. Hier in China freuen wir uns wieder über die Nudelsuppe, da die Temperaturen nicht mehr tropisch sind. Doch mit Fleisch können wir uns hier noch immer nicht anfreuden, auch wenn es reichlich vorhanden wäre.
Meine neue Kette machte seit Dali in den untersten Gängen Probleme. Im Aufstieg nach Shaxi ging plötzlich gar nichts mehr, da die Kette hinten hinaussprang. Johannes musste lange herumwerkeln um die zwischen Kassette und Speichen eingeklemmte Kette herauszulösen (und natürlich konnte er sich den Kommentar um wieviel besser und wartungsarmer seine Rohloff Schaltung ist, nicht verkneifen…). Am Abend war dann endlich Ruhe da unten bei der Schaltung und es machte den Eindruck, dass die neue Kette anfänglich nicht glücklich mit dem bereits abgenutzten Ritzel war.
Am Nachmittag kamen wir ins nächste Tal und passierten zuerst die Stadt Jianchuan. Dann verlief die Strasse halbwegs flach, doch leider endete schon bald der Belag und es folgten wegen Renovierung 30 Kilometer Holperpiste – doch unsere erstandenen Eier überlebten es wie ein Wunder!
Manchmal wurde die Strasse angefeuchtet um die Staubbildung zu minimieren. Nur einmal machten wir den Fehler direkt in den nassen Dreck zu fahren, denn dieser klebte wie verrückt am Rad.
Abends fanden wir ein Zeltplätzchen beim See, nahe dem Dorf Jiuhe. Zum ersten Mal wurde es kalt in der Nacht, doch am Morgen wärmte uns die Sonne schnell. Wir mussten hier in China unseren Tagesablauf ein wenig ändern. Am Morgen lohnt es sich im Zelt zu bleiben bis die Sonne zum Vorschein gekommen ist, abends dafür können wir relativ lange radeln (bis etwa 18:30), da die Tage bereits ziemlich lang sind.
Doch wir sind froh bei diesen Temperaturen nicht auf diesem „Schlauch-Boot“ im See fischen gehen zu müssen…
Wir merkten, dass wir uns nun langsam den hohen Bergen näherten und erfreuten uns an ihren weißen Gipfeln…
Kurz vor dem Eingang zur Tigersprungschlucht, gab’s feines Essen. Wir staunten, denn unsere Glückssträhne bezüglich Essensbestellung in China (ihr könnt euch nicht vorstellen wie ahnungslos wir da immer sind…) hielt an. Wieder köstlich gewürztes Gemüse mit Reis (auch Johannes begeistert sich immer mehr für das vegetarische Essen,…). Der Hauptunterschied zu Südostasien ist, dass es hier nun nicht mehr Wasser mit Eiswürfel gibt, sondern heissen Grüntee.
Fantastische Aussicht in die Tigersprungschlucht..
Als erstes erwartete uns in der Tigersprungschlucht, neben einer Eintrittsgebühr von 65 Yuan, viel Dreck und Staub, da einerseits viel Kies und Sand abgebaut wird, aber auch eine gigantische Baustelle (wie so an vielen Orten in China…) an den Berghängen zu sehen war. Eine Informationstafel zeigte, dass die zukünftige Bahnstrecke von Dali nach Shangri-la über unseren Köpfen verlaufen soll.
Nachdem wir die erste Aussichtsplattform passiert hatten, war zum Glück Schluss mit den grossen Touristenbussen, denn es machte den Anschein, dass den Chinesen dieser eine Blick in die Schlucht genügte.
Wir genossen die leere und gute Strasse durch die Schlucht, die zwar nett zum Durchradeln ist, doch sicherlich nicht spektakulärer wie die Schluchten in den Alpen bezeichnet werden kann. Wir freuten uns jedoch sehr endlich wieder mal mitten in den Bergen zu sein.
Ein Ziegenhirte am Wegrand.
Etwa in der Mitte der Schlucht gab es eine kleine Siedlung mit Guesthouses…
…doch wir bevorzugten das Zelt und fanden auch schon bald einen Zeltplatz mitten in der Schlucht mit wunderschöner Sicht auf den Mond (nebst der Schlucht natürlich).
Am nächsten Morgen ging’s zügig ans Ende der Schlucht und in den kleinen Ort Jiangbian.
Nach Jiangbian begann die erste lange Steigung, nämlich von 1900 müM auf 2800 müM.
Dannk sehr warmen Temperaturen (teilweise über 35°C in der Sonne), netten Dörfern und schöner Aussicht, genossen wir diesen ersten Aufstieg. Diese Felder und die Menschen die darauf großteils von Hand arbeiten zu sehen ist sehr beeindruckend. Wie viele Tage die Menschen hier mit der Vorbereitung des Feldes, dem Säen und Ernten beschäftigt sind und bei uns zu Hause wird dies von einer Person und den entsprechenden Maschinen in ein paar Stunden erledigt.
Am Dorfeingang bzw. -ende befindet sich meist ein grosser Ofen für die Müllverbrennung.
Aus diesem Grund ist das Müllproblem am Strassenrand nicht ganz so dramatisch wie in anderen Gegenden Chinas. Auffallend ist jedoch die enorme Menge an Red Bull Dosen – die chinesischen Auto- und LKW Fahrer müssen dieses Getränk lieben, doch werfen leider die leere Dose ungeniert in den Strassengraben.
In Haba, einem sehr schön gelegenen Dorf, unter dem mächtigen Haba Snow Mountain, fanden wir ein Dorfladen mit Eier und Cola, und eine nette Frau, die uns feines Gemüse mit Reis zubereitete (die Glückwelle hielt noch immer an 😊).
Einen Übergang später stellten wir uns Zelt im Kieferwäldchen auf und spannten gut ab, da es ziemlich stark windete.
Zu unserer grossen Überaschung war die Nacht auf 2500 müM warm und so ging es ausgeschlafen am nächsten Tag über die nächsten Übergänge. Da es insgesamt so viele waren, kann ich mich nicht mehr an die genaue Anzahl an diesem Tag errinnern. Es verlief jedoch jedes Mal ähnlich: Fluss- Dorf – Übergang – Fluss- Dorf usw. Doch jedes folgende Dorf bzw. Übergang lag tendenziell 300 müM höher als das/der zuvor.
Überrascht waren wir, als wir zwischen den einsam gelegenen Bergdörfern ein riessiges Neubauprojekt sahen. Wir nehmen an, dass es sich um Ferienwohnung handelt – wissen es jedoch nicht.
Wir sahen Yaks die schwere (Brennholz) Baumstämme von den Bergen herunterziehen…
…und ganz viele Babyschweinchen.
Auf knapp 3500 müM waren die Temperaturen noch immer angenehm und so konnte ich mir mit dem Anstieg Zeit lassen, denn Johannes genoss nebst der Sonne auch einen spannenden Krimi.
Abends, wir zelteten auf über 3500 müM, wurde es aber richtig kalt. So entkoppelten wir die Schlafsäcke (ja, ihr hört richtig -entkoppelt sind die Schlafsäcke wärmer) und hofften, dass bald Morgen wird (zumindest ich). Am Morgen zeigte der Tacho eine Temperatur von 5.1°C an – hilfe, dachte, ich – wie wird das wohl auf über 4000 müM und Minusgraden…
Am letzten Anstieg vor Shangri-La waren die ersten Schneereste zu sehen…
…und dann erreichten wir schon bald den letzten Übergang mit einer Höhe von 3650 müM. Es windete sehr stark und war kalt und so war die Vorfreude auf die Abfahrt gross…
…doch leider liess der Wind im Tal nicht nach. Auch die Temperaturen waren nicht merklich höher. So bewunderten wir die stark aussehenden Yaks, denen dieses Klima nicht viel anzuhaben scheint.
Im Tal, dass nach Shangri-La führt, änderte sich ausser den Temperaturen (hier ist der Frühling eindeutig noch nicht eingezogen…), die Architektur der Häuser merklich. Die Häuser waren plötzlich sehr gross, mit viel Holz gebaut und stark verziert. Sie ähneln ein wenig den Häusern im Engadin…
Die Felder werden erst für die Saat vorbereitet (hier mit Hilfe von zwei Yaks die den Pflug ziehen)…
…und in jedem Dorf war plötzlich eine Stuppa zu sehen.
In Shangri-La angekommen fanden wir schnell ein nettes Zimmer im Dragoncloud Guesthouse und gingen anschließend gross essen (Mittagessen, Nachmittagskuchen und Abendessen immerhalb von 2 Stunden).
Heute Montag gingen wir ins Stadtzentrum um unsere Lebensmittelvorräte aufzufüllen – kein Problem hier in Shangri-La, denn man findet alles bzw. was man eben so in China findet.
Zu Mittag gab’s Momos – für Daniela pro Person fünf Zusätzliche 😊 (siehe Kommentar vom letztem Blogeitrag).
Am Nachmittag sackten wir müde in die weiche Couch vor unserem Zimmer und schrieben Blogbeitrag bzw. lasen Thriller. Wir freuten uns über die so feine Couch (es gab nicht viele dieser Sorte auf unserer Reise), und mussten auflachen als wir das Zettelchen von IKEA unten heraushängen sahen.
Die Wäsche war dank Waschmaschine und ausreichend Trocknungsmöglichkeiten schnell gemacht.
Am späten Nachmittag ging es auf Besichtigungstour. Da 2014 ein grosser Teil der Altstadt abbrannte, sieht man überall kleine, aber auch grosse Baustellen. Wir vermuten, dass auf dem Areal im unteren Bild anstatt einer Fussgängerzone ein Luxushotel entsteht.
Anschließend ging’s auf den Baiji Si Tempel – ein Tempel, der von mehr Hühnern als Mönchen bewohnt werden soll. Oben angekommen, waren wir beeindruckt von der Menge an Gebetsfahnen.
Wenn man genauer hinsieht, dann merkt man leider, dass auch Gebetsfahnen zu viel Müll führen können.
Wir sahen nebst Hühnern auch Schweine. Letztere erklärte Johannes ab sofort zu seinem neuen Lieblingstier.
Dann ging’s zum Guishan Si Tempel, der gerade schön von der Sonne angestrahlt wurde.
Neben diesem Tempel befindet sich die grösste Gebetsmühle der Welt. Nur wenn viele Leute gleichzeitig daran drehen, kann sie in Bewegung gesetzt werden. Natürlich sind alle Touristen motiviert und deshalb ist es sehr lustig ihnen dabei zuzusehen.
Das Drehen ist ziemlich anstrengend und darum griff der eine oder andere (chinesische) Tourist zur Sauerstoffflasche, die er natürlich stets im Rucksack hat. Wir mussten lachen, doch man darf nicht vergessen, dass Shangri-La auf über 3200 müM liegt und nicht jeder soviel Zeit wie wir hat für die Anreise. Doch bezweifelt kann natürlich werden, ob diese komprimierte Luft wirklich was bringt…
Auf dem Marktplatz versammelten sich auch heute Abend die verschiedensten Frauen und Männer zum Tanz, bei dem jeder mitmachen kann. Wir machten uns lustig, dass es sich hier wohl um die gemeinsame Aufwärmübung vor dem zu Bett gehen handelt. Doch wenn wir ehrlich sind, finden wir es einen sehr netten Brauch, der eine gute Stimmung verbreitet.
Ganz am Schluss entdeckten wir auch hier ein Zeichen für Frühling – vielleicht haben wir Glück und wir können halbwegs schmerzfrei auf Litang über die vielen hohen Pässe radeln. Mal sehen…
Egal wie’s kommt, wir sind schon stolz, dass wir’s bis hierher geschafft haben.
Aktueller Standort: Shangri-La (Zhongdian) (China 🇨🇳)
Aktueller Kilometerstand: 13115 Kilometer
Nächstes Ziel: Litang (China 🇨🇳)
Regula
Haha ihr sind di Beste!! 😀
Hallo da seid ihr ja wieder, fährt kurzärmelig auf trockenen Straßen und esst euch von Restaurant zu Restaurant. Ich dachte schon, ihr seid irgendwo in einem Tal hängengeblieben, das eher einem Kühlschrank ähnelt.
Unsere Alpen sind inzwischen leider nicht gewachsen! Die Berge auf euren tollen Bildern unterscheiden sich bzgl. Dimensionen deutlich von unseren „Älpeles“. Ich freue mich sehr, dass ihr wieder richtig radfahren könnt und bin begeistert von diesem Bericht und den Frühlingsbildern.